Der Weg in eine andere Welt führt durch ein schweres Eisentor. Auf dem wild-idyllischen Gelände dahinter stehen hergerichtete Bauwagen. Der erste am Eingang dient als Café, es folgen Bürowagen und im hinteren Teil befindet sich ein Halbrund aus bewohnten Wagen. Ein bisschen Abenteuerspielplatz, ein wenig Pippi Langstrumpf-Romantik, aber vor allem eins: Zirkusluft. Das Zirkuszelt mit zwei Masten im Frankfurter Stadtteil Dornbusch fällt sofort auf. Hat man die Plane am Zelteingang beiseite geschoben, steht man mittendrin, im Zirkus. Über die Tribüne hinweg sieht man die Manege. Das Tor zu Zarakali Es ist Freitagnachmittag, offenes Training im Kinder- und Jugendzirkus Zarakali. Es ist ordentlich Stimmung, 35 Kinder wuseln umher, aber keine Spur von Chaos. Dafür sorgen Karin, Andrea, Tuya und Jan. Sie sind heute das Team und leiten die Kinder an. Die stehen in einer Reihe, um auf dem Vertikalseil balancieren zu können, hängen am Trapez, üben auf dem Einrad, laufen auf Kugeln oder jonglieren. „Das offene Training begreifen wir als Tor zu Zarakali“, erklärt Juliane Saunus. Sie gehört dem Orga-Team des Kinderzirkus an, der in diesem Jahr zehnjähriges Jubiläum feiert. „Einen Arbeitsplatz für die eigenen Bedürfnisse schaffen und einen fantastischen Bereich für Kinder aufbauen“, das war damals die Idee von Zarakali. Zarakali ist deutschlandweit vernetzt mit anderen Kinder- und Jugendzirkusprojekten. Im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Zirkuspädagogen gibt es einmal im Jahr ein Treffen, bei dem unter anderem die Qualitätssicherung im Fokus steht.Training ohne ElternDer Zarakali-Familie gehören Sozialpädagogen, Artisten, Tänzer, Straßenkünstler und Zirkuspädagogen an, insgesamt über 20 Leute. Das offene Training bietet unverbindlich die Möglichkeit, die verschiedensten Zirkusdisziplinen kennen zu lernen und zu trainieren. Ab sechs Jahren können Kinder teilnehmen, mitbringen müssen sie nur Spaß an Bewegung und Lust, mit einer Gruppe zu trainieren. „Voraussetzung ist die Motivation der Kinder, nicht die Motivation der Eltern“, erklärt Juliane Saunus. Darauf achten die Zarakalis. Die Eltern sollen beim ersten Besuch mit den Kindern ins offene Training kommen. Hier können die Kleinen reinschnuppern und gucken, was ihnen am besten gefällt. Leon ist acht und seit dem letzten Jahr dabei. Er übt gerade das Kugellaufen über die Einradwippe. Generell sollen sich die Eltern im offenen Training nicht im Zelt aufhalten, denn die Kinder sollen sich ungehemmt bewegen und unbeobachtet sein. Außerdem soll der Geräuschpegel nicht zusätzlich Futter bekommen und so für Ablenkung sorgen. Denn mit den kleinen Nachwuchsartisten wird zwei Stunden konzentriert gearbeitet. Für die Großen gibt es den gemütlichen Café-Wagen mit Kaffee und Kuchen zum Selbstkostenpreis. „Viele Kinder kommen sehr konstant ins offene Training“, stellt Juliane Saunus erfreut fest. Das sei aber keine Bedingung für die Teilnahme. Die Kinder können regelmäßig kommen, auch über einen längeren Zeitraum, oder nur ab und an. Wichtig ist nur eins: pünktlich zu kommen. Übrigens, das offene Training ist kostenfrei. „Wir geben am Ende des Trainings eine Spendendose rum. Alle Eltern, die die Möglichkeit haben, etwas zu spenden, sind gerne eingeladen, etwas rein zu schmeißen.“Die große ShowEine Teilnahmegebühr von 18 Euro monatlich wird erst fällig, wenn die Kinder vom offenen Training in eine feste Gruppe, z.B. Einrad, Seil, Jonglage, Rola Bola oder Capoeira, wechseln. Wenn ein Kind in eine feste Gruppe wechseln möchte, wird zuerst geschaut, in welchem Bereich das Kind bis dahin hauptsächlich trainiert und Spaß gehabt hat. Auch hier gilt: „Der Wunsch des Kindes ist maßgeblich.“ In einer festen Gruppe ist die konstante Teilnahme, anders als beim offenen Training, allerdings wichtig. Denn in den festen Gruppen trainieren die Nachwuchsartisten auf die große Show im Frühsommer hin. „Die Kinder studieren für die Aufführung im Sommer eine Nummer ein. Das ist einfach ein Erlebnis, mit ca. 16 verschiedenen Gruppen zusammen eine große Show zu kreieren“, schwärmt Juliane Saunus, „das sind die Früchte unserer Arbeit.“ Bietet eine feste Gruppe freie Plätze, ist ein Wechsel kein Problem. Ansonsten winkt erst mal eine Warteliste. Der Run auf Luftakrobatik und Trapez ist besonders groß. Trainiert wird in den festen Gruppen einmal die Woche. Kiara ist acht und hat sich noch nicht für eine feste Gruppe entschieden. Seit dem letzten Frühjahr ist sie dabei, im offenen Training. Einrad und Trapez mag Kiara im Moment am liebsten. Über eine Freundin ist sie zum Zarakali gekommen. „Wir waren einmal dabei und seitdem immer. Kiara turnt daheim nach. Zu Weihnachten hatte sie sich ein Einrad gewünscht und sie bringt ihrer Schwester Nell auch schon etwas bei. Die wird bald sechs und will nach den Sommerferien auch mitmachen“, erzählt die begeisterte Mama Silke Moser. Sie steht voll hinter Zarakali, findet das Programm sehr liebevoll gestaltet und bewundert, mit wie viel Geduld hier gearbeitet wird. „Ein tolles Konzept. Und schön zu sehen, wie stolz ein Kind ist, wenn es auf einem Ball laufen, jonglieren oder Einradfahren kann. Ich glaube, das ist sehr gut fürs Selbstvertrauen und für die ganze Entwicklung.“ Nach zwei Stunden ist das offene Training zu Ende, alle Kinder helfen fleißig beim Aufräumen. Zusammen mit den Anleiterinnen wird noch ein Abschlussspiel gemacht, Rübenziehen. Zum Runterkommen. Dann noch einmal alle im großen Kreis sitzen, eine Rakete losschicken und am Ende der Zarakali-Ruf. Dann stehen auch die Eltern im Zelt und holen ihre kleinen Artisten ab. Die Freundinnen Jelena (7, Seil & Trapez) und Lola (7, Kugellaufen & Einrad) haben wieder viel Spaß gehabt und strahlen. Jelena kann sich sogar vorstellen, später mal Artistin zu sein, gern auch eine Nummer mit Tieren. Lola würde „auch gern einen anderen Beruf machen, aber daneben auf jeden Fall Zirkus, das macht so viel Spaß.“ Noch einmal Kind müsste man sein!
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